Berechnung des Zinssatzes
Die Zinsen befinden sich auf einem historischen Tiefstand, der Leitzins der EZB ebenfalls. Doch welche Faktoren spielen zum Beispiel bei der Kalkulation der Bauzinsen tatsächlich die ausschlaggebende Rolle? Und wie setzt sich der Zinssatz für eine Baufinanzierung zusammen?
Vermutlich ist nur wenigen Kreditnehmern bewusst, dass bei der Berechnung der Bauzinsen der Leitzins der Europäischen Zentralbank eine untergeordnete Rolle spielt. Vielmehr bestimmt die Umlaufrendite der zehnjährigen Pfandbriefe die Höhe der Bauzinsen.
Warum ist die Umlaufrendite auch für Privatpersonen von Bedeutung?
Die offizielle Definition dieser Renditeform lautet:
Die Umlaufrendite ist der durchschnittliche Renditesatz von allen inländischen Wertpapieren erster Bonität, die fest verzinst werden und sich im Umlauf befinden.
Dabei versteht man unter „erste Bonität“, dass die juristische Person, die das Wertpapier ausgestellt hat, eine einwandfreie Kreditwürdigkeit besitzt. Deshalb werden in erster Linie für die Umlaufrenditen Staatsanleihen herangezogen. Somit handelt es sich faktisch um den durchschnittlichen Zinssatz von Papieren, die sich aktuell im Umlauf befinden und garantiert ausgezahlt werden. Die Umlaufrendite für Deutschland wird von der Deutschen Bank ermittelt. Dabei richtet man sich nach Restlaufzeiten und Emittenten.
Die veröffentlichte Umlaufsrendite ist nicht nur die Berechnungsgrundlage für Deckungsrückstellungen und damit für Unternehmen interessant, sondern auch für Privatpersonen, da sie eine Einschätzung des Marktniveaus liefert. Kreditnehmer oder Personen, die Geld anlegen möchten, sollten sich daher über sie informieren, um ihre Mittel in sicherer Form zu investieren.
Um zu erfahren, wie viel Gewinn man erwarten darf, sollte man sich deshalb nicht nur über den aktuellen Wert informieren, sondern sich auch einen mittel- und langfristigen Ausblick geben lassen. Wir empfehlen diesbezüglich die mittel- und langfristigen Zins-Charts heranzuziehen. Die Bundesbank erstellt hierzu täglich den entsprechenden Wert der Anleihen und gruppiert sie nach Emittenten sowie nach Restlaufzeit. Auf diese Weise erhält man einen schnellen Überblick zum detaillierten Verlauf der Zinsentwicklung.
Wovon werden die Anleihen beeinflusst?
Staatsanleihen beeinflussen Pfandbriefe und diese wiederum beeinflussen die Bauzinsen. Die Staatsanleihen selbst hängen von der Bonität eines Staates ab. Anleihen sind für den Staat eine ausgezeichnete Möglichkeit zur Geldbeschaffung, da er darüber Kredite aufnimmt. Wie kreditwürdig der Staat ist und ob er auch in Zukunft dazu in der Lage sein wird, seine Schulden plus Zinsen zurückzubezahlen, beurteilen Ratingagenturen wie „Standard and Poor’s“ oder „Fitch“. Deutschland besitzt seit Jahrzehnten die Bestnote und gehört zu den Triple-AAA-Staaten. Deutsche Anleihen gelten somit als sicher, was sich dementsprechend auf das Angebot-Nachfrage-Prinzip auswirkt.
Da Deutschland seit Jahrzehnten ein gutes Rating hat, sind und bleiben deutsche Staatsanleihen eine sichere Geldanlage. Was zu einer hohen Nachfrage führt. Dadurch steigen die Kurse der Anleihen und mit ihnen sinken im Gleichschritt nicht nur die Zinsen und die Renditen, sondern damit auch die Zinsen und Renditen der Pfandbriefe, die sich wiederum auf die Baufinanzierungszinsen auswirken. Fallen die Zinsen und Renditen der Pfandbriefe, befinden sich auch die Baufinanzierungszinsen im Sinkflug.
Es bestehen zahlreiche Faktoren, die die Entwicklung der Bauzinsen beeinflussen. Wie zum Beispiel die allgemeine wirtschaftliche Lage, Veränderungen am EZB Leitzins, die Marktlage der Banken und Kreditinstitute sowie die Entwicklungen an den Pfandbriefzinsen. Aber auch politische Entscheidungen und Naturkatastrophen können die allgemeine wirtschaftliche Lage Europas und Deutschlands beeinträchtigen und sich letztendlich auch auf die Höhe der Bauzinsen auswirken.
Pfandbriefzins + Risikoaufschläge = Baufinanzierungszins
Ein Kunde möchte beispielsweise von seinem Kreditinstitut eine Baufinanzierung in Höhe von 150.000 Euro bekommen, mit einer Kreditlaufzeit von 20 Jahren. Das Kreditinstitut muss in diesem Fall die entsprechenden Geldmittel beschaffen. Die Bank muss demnach im selben Wert Pfandbriefe an die Anleger vergeben, und das laut Pfandbriefgesetzt (PfandBG), mit derselben Laufzeit und klären, wie hoch der Pfandbriefzins ausfällt, den sie an die Anleger zu zahlen hat. Diesbezüglich orientiert sich die Bank an den Vorgaben der Deutschen Girozentrale (DeKaBank) in Frankfurt, die für die Festlegung der Rendite für Pfandbriefe mit zehnjähriger Laufzeit für alle Banken und Kreditinstitute zuständige ist. Nachdem die Bank in Erfahrung gebracht hat, wie hoch Pfandbriefe aktuell verzinst werden, berechnet sie ihren eigenen Verdienst an der Baufinanzierung. Im Schnitt schlagen Kreditinstitute auf den Pfandbriefzins noch mal etwa 0,5 bis 0,7 Prozentpunkte drauf. Handelt es sich bei der Baufinanzierung um eine Vollfinanzierung, die der Bank ein höheres Risiko einbringt, als wenn der Kunde ein Eigenkapital auf dem Sparbuch hätte, verlangt die Bank eine Risikoprämie, die als Aufschlag auf die fälligen Zinsen berechnet wird.
Bauzeitzinsen oder auch Bereitstellungszinsen
Die Bauzinsen einer Baufinanzierung lassen sich bestens berechnen und zwar anhand des prognostizieren Baufortschrittes. Die sogenannten Bauzeitzinsen werden dann fällig, wenn bei einem Neubau das Darlehen zugesagt wurde, die Summe jedoch nicht sofort nach Abschluss benötigt wird und es daher noch nicht vollständig zur Auszahlung gekommen ist.
Der Käufer einer Immobilie schließt einen Vertrag mit einem Bauträger und gleichzeitig eine Baufinanzierung über den erforderlichen Kreditbetrag ab. Die einzelnen Darlehenstranchen werden in solch einem Fall nach Baufortschritt ausgezahlt, da der Bauträger erst nach und nach für fertiggestellte Teilabschnitte des Baus entlohnt wird. Wurde die Baufinanzierung von dem Kreditinstitut zugesagt und bereitgestellt, kann die Bank jedoch noch keine Zinsen dafür in Anrechnung bringen. Dies geschieht erst, wenn der Darlehensnehmer über den Darlehensbetrag verfügt. Auf der anderen Seite bedeutet dies für das Institut, dass es in dieser Zeit mit dem Geld keinen Gewinn erwirtschaften kann, da die Gelder gebunden sind und nicht anderweitig ausgereicht werden können. Deshalb werden Bereitstellungs- oder Bauzeitzinsen berechnet, die sich im Schnitt auf etwa 0,25 Prozent pro Monat belaufen.
Weiß der Kreditnehmer zu welchem Zeitpunkt welcher Kreditbetrag zur Auszahlung kommt, kann er somit genau berechnen, für welchen Zeitraum er welchen Betrag an Bauzeitzinsen zu leisten hat. Da die Bauzeitzinsen in der Regel nicht vom ersten Tag der Bereitstellung des Kredites eingefordert werden, sondern erst ab dem 31. Tag der Bereitstellung oder auch erst nach 90 Tagen (in Ausnahmefällen beträgt die Vorlaufzeit sogar 360 Tage), sollte man dies in der Gesamtbetrachtung der Baufinanzierungskosten berücksichtigen.